Behauptung: Tausende atomarer Hilfsarbeiter erledigen die Drecksarbeit in den Atomkraftwerken – oft ohne ausreichenden Strahlenschutz.
Die EWS behaupten (Originalgrund)
Sie arbeiten bei Servicefirmen und müssen immer dann ran, wenn es »heiß« wird: Tausende von Hilfsarbeitern verdienen ihr Geld mit Putz-, Dekontaminations- und Reparaturarbeiten in den verstrahltesten Bereichen der Atomkraftwerke. Einer Statistik des Bundesumweltministeriums von 1999 zufolge bekommen diese Springer viermal so hohe Strahlendosen ab wie die Festangestellten des Atomkraftwerks. In Frankreich sagt man: ›Strahlenfutter‹.
Die Arbeiter berichten von aufplatzenden und staubenden Atommüllsäcken, von Kaffeepausen neben strahlenden Tonnen und von Einsätzen ohne Vollschutz mitten im Reaktorkessel. Manche legen vorher ihre Dosimeter ab. Denn wenn sie ihre Maximaldosis erreicht haben, dürfen sie nicht mehr in den Kontrollbereich. Und keiner will schließlich seinen Job verlieren.
„Weiterführende Informationen” der EWS
- http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/1999…
ausführlicher Bericht der Berliner Zeitung mit Zeugenaussagen von Atom-Hilfsarbeitern - http://www.ippnw.de/biblis-zeitung.pdf
Zeitung der Ärzte gegen Atomkrieg (IPPNW) mit Insider-Berichten über die Missstände im Atomkraftwerk Biblis B - http://www.ornament-und-verbrechen.de/IGAtom_08.html
Dissertation über die Arbeitsbedingungen in Atomkraftwerken
Richtig ist …
Laut angeführter Quelle hat der an Krebs erkrankte Reinigungsarbeiter, der dies seiner Arbeit anlastet, 5.000 Euro netto verdient – diesen Job möchte man wirklich nicht verlieren. Eine erhöhte Krebshäufigkeit ist in dieser Berufsgruppe übrigens nie nachgewiesen worden.
Ansonsten handelt es sich hier nicht um unausgebildete „Hilfsarbeiter”, sondern um sehr kompetente und gut ausgebildete Leiharbeiter. Diese erhalten mit durchschnittlich 1,2 Millisievert (mSv) pro Jahr zwar mehr Strahlung als das Stammpersonal mit etwa 0,8 mSv/Jahr bei Wartungsarbeiten, aber immer noch weniger als Radiologen mit 1,3 mSv/Jahr und vor allem weniger als Flugpersonal mit durchschnittlich 2,3 mSv/Jahr. Ob man Piloten als „Strahlenfutter“ bezeichnen würde?
Alle Werte liegen im Schwankungsbereich des in Deutschland vorherrschenden, natürlichen Untergrundes von 2 bis 10 mSv/Jahr und sind ungefährlich. Zum Vergleich: Ein Ganzkörper-CT-Scan liefert etwa 20 mSv in 15 Minuten, was bislang keine negativen Auswirkungen auf die Gesundheit zeigte. Der Strahlenschutz für die Leiharbeiter in kerntechnischen Anlagen ist somit mehr als ausreichend, die Vorwürfe sind völlig haltlos.
Der Strahlenschutz lässt sich nur effektiv umgehen, wenn alle Arbeiter im gleichen Bereich gleichzeitig ihre Personendosimeter ablegen, sonst dürften die Unregelmäßigkeiten schnell auffallen. Überdies gibt es noch feste Ortsdosimeter und strenge Kontrollen des radioaktiven Materials, alles systematisch von der IAEO und EURATOM überwacht.
Unsere Quellen
- Der Artikel der Berliner Zeitung, der auch im EWS-Grund zitiert wird, suggeriert Erkrankungen von Leiharbeitern aus Kernkraftwerken infolge der Strahlenbelastung. Der Zusammenhang konnte in Studien nie gezeigt werden.
- „Die berufliche Strahlenexposition in Deutschland 2010 – Bericht des Strahlenschutzregisters“, BfS 2010, S. 41 und S. 57 ff. Hier werden neben den gemessenen Belastungen auch die Methoden, Grenzwerte und Auflagen zur Dosisbestimmung beschrieben.
- „Summary of low-dose radiation effects on health“, UNSCEAR 2010 Report. Die stark unterschiedlichen Intensitäten natürlich auftretender radioaktiver Strahlung zeigte bislang keine gesundheitlichen Auswirkungen.
- K. Fornalski, L. Dobrzynski, The Healthy Worker Effect and Nuclear Industry Workers, Dose-Response, 8:125–147, 2010
- Focus, Sellafield und Leukämie, 1994
- BEIR VII Report, National Academy Press, 2006. Effekte bei Dosen unter 100 Millisievert sind nicht erkennbar.
Da muss ich mal widersprechen:
Es werden sehr wohl ‚Hilfsarbeiter‘ beschäftigt, die intellektuell problematisch sind.
Ich erinnere mich da mit Grausen an die Gerüstbauer, die Bierkästen in den Kontrollbereich schmuggelten und heimlich tranken oder an den Türken, der sich zum Gebet die Füße im BE-Becken wusch (übrigens direkt unter der Kamera der IAEO *grins*).
Das ist aber eher den Kontrakt-Firmen anzulasten und natürlich ist es richtig, dass diese Hilfsarbeiter genau so belehrt und mit Dosimetern überwacht wurden wie das Stammpersonal.
Wie man es nimmt. Die EWS führen ja auch Quellen an, und dort bezieht man sich eindeutig auf einen Leiharbeiter, nicht „Hilfsarbeiter”, im Text reden sie aber nur noch von Hilfsarbeitern. Dies sollte hier vor allem klargestellt werden.
Die Quelle ist übrigens mittlerweile nicht mehr erreichbar. Hier werden Sie geholfen:
http://web.archive.org/web/20100212211359/http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/1999/0108/none/0001/index.html