Behauptung: Radioaktive Abfallstoffe aus Atomkraftwerken bauen sich sogar in die DNA ein.
Die EWS behaupten (Originalgrund)
Atomanlagen geben große Mengen radioaktiven Wasserstoffs (Tritium) an Luft und Wasser ab. Menschen, Tiere und Pflanzen nehmen es über Atemluft und Nahrung auf. Der Körper baut Tritium und tritiiertes Wasser wie normalen Wasserstoff und normales Wasser in alle Organe ein, sogar direkt in die Gene. Dort kann ihre Strahlung Krankheiten und Erbschäden auslösen.
„Weiterführende Informationen” der EWS
- http://ausgestrahlt.de/fileadmin/user_upload/Broschueren/atomkraftwerk…pdf
Broschüre von den Ärzten gegen Atomkrieg (IPPNW) und .ausgestrahlt mit Fragen und Antworten zum Krebsrisiko rings um Atomanlagen
„Quellen” der EWS
- Fairlie, I: Tritium – The Overlooked Nuclear Hazard. The Ecologist, Vol. 22, No. 5, A1 178, 1992.
- http://ausgestrahlt.de/fileadmin/user_upload/Broschueren/atomkraftwerk…
(S. 13-15)
Richtig ist …
Die Umweltbehörden des Landes Baden-Württemberg geben für ihre Kernkraftwerksblöcke Emissionen in das Wasser (in die Luft ist es viel weniger) von 10.000, maximal 20.000 Gigabecquerel an – das ist 0,005% der von der Natur selbst ständig erzeugten Tritiummenge. Selbst alle Kernkraftwerke auf der Erde zusammen können nicht näherungsweise die natürliche Tritiumproduktion erreichen.
Tritium ist also fast ausschließlich natürlichen Ursprungs. Aber selbst von einem „Schluck” Tritium werden nur 3% tatsächlich auch von den Zellen aufgenommen, und nach 6 Wochen ist die Hälfte davon schon wieder ausgeschieden. Radioaktiver Kohlenstoff, ebenfalls natürlichen Ursprungs, befindet sich sogar in 150-facher Menge wie Tritium im Körper, in allen Organen und auch in den Genen. Und der strahlt auch noch mit zehnfacher Energie.
Schließlich noch ein interessanter Vergleich: Die in Deutschland zugelassene Höchstgrenze von Tritium-Leuchten, die man als Schlüsselanhänger verwendet, ist 1 Gigabecquerel, im Ausland sogar bis zu 80 Gigabecquerel. Das Kernkraftwerk Krümmel emittierte knapp 30 Gigabecquerel pro Jahr in die Luft.
Unsere Quellen
- Wikipedia: Tritium. Darin sind auch implizit natürlich vorkommende Tritiummengen von etwa 3 kg genannt worden. Wegen der Halbwertszeit von etwa 12 Jahren müssen also 250 Gramm jährlich neu gebildet werden – das 20000-fache eines Kernkraftwerks.
- Landesamt für Umwelt, Messungen und Naturschutz, Baden Württemberg: Emissionen von Kernkraftwerken. Die extrem konservativen Grenzwerte (s auch UNSCEAR-Quelle) werden noch um einen Faktor 5 bis 100 unterschritten.
- Biologische Halbwertszeit von Tritium: P. Singh et al., „Estimation of biological half-life of tritium in coastal region of India“, Radiation Protection Dosimetry (Oxford University Press) 2010, Volume 142, Issue 2-4, Pp. 153-159.
Naja, der Vergleich mit C-14 ist eher schlecht gewählt, da dessen Halbwertszeit etwa 5800 Jahre beträgt – im Vergleich zu 12 Jahren bei Tritium. D.h. selbst wenn C-14 150-mal häufiger im Körper ist, wäre das Tritium dennoch 5-mal aktiver. Beides wird gleichermaßen aufgenommen und nach einer biologischen Halbwertszeit auch wieder ausgeschieden, so dass es einen Gleichgewichtszustand mit einer Gleichgewichtskonzentration führt. Dass also Tritium nach 6 Wochen wieder ausgeschieden wird spielt keine große Rolle, solange gleichmaßen welches „nachgeliefert“ wird. Was man aber positiv bewerten kann ist, dass beim Tritiumzerfall gerademal 19 keV für das Elektron zur Verfügung stehen – bei C-14 ist das fast 100 mal mehr. Denn letztendlich kommt es auf die absorbierte Energiedosis bzw. deren Rate an. Und da spielt dann bei dieser politischen/meinungsgeführten Diskussion nur eine Rolle, wieviel kommt von den KKWs und wieviel von natürlichen Prozessen.
Bei dem Mengenvergleich zwischen Tritium und C-14 im menschlichen Körper handelt es sich wirklich um Aktivitätsvergleiche. Dies ist oben etwas allgemeinverständlicher geschrieben, worunter formal natürlich die Exaktheit etwas leidet. Zentral sollte hier aber die wesentlich geringere biologische Wirkung von Tritium im Vergleich zu anderen Betastrahlern (C-14) derselben Aktivität erklärt werden. Dies ist, neben der geringen biologischen Halbwertszeit, auch auf die geringe Energie der Strahlung (Betaenergieunterschied ist ein Faktor 10, nicht 100) des Tritiums zurückzuführen.