#103: Filz im Kern

Behauptung: Losgerissene Dämmstoffe können die Kühlkanäle im Reaktor verstopfen.

Die EWS behaupten (Originalgrund)

Ein kleines Leck führt am 28. Juli 1992 im schwedischen AKW Barsebäck beinahe zum GAU: Das ausströmende Wasser reißt Dämmmaterial mit sich, die feinen Fasern verstopfen die Ansaugsiebe, durch die das Wasser zurück in den Reaktor gepumpt werden soll. Das ‚Sumpfsiebproblem‘, stellt sich heraus, könnte auch in anderen Reaktoren im Notfall die Kühlung des Kerns lahmlegen. Experimente zeigen noch Beunruhigenderes: Besonders feine Fasern können durch das Sieb bis in den Reaktorkern vordringen und dort einen Filz bilden, der die dünnen Kühlkanäle verstopft.

Ende 2008 erklärte die Reaktorsicherheitskommission die jahrelangen Versuche, das Problem grundsätzlich zu lösen, für gescheitert. Die AKW blieben trotzdem alle am Netz.

Richtig ist …

Das Problem ist selbstverständlich ernstzunehmen und die Sicherheit betroffener Kernkraftwerke neu zu bewerten, was ja auch getan wurde. Änderungsmaßnahmen wie Vergrößerung der Sumpfsiebe und Verringerung der Maschenweite wurden durchgeführt, weitere folgten. Das Bundesumweltministerium erklärte das Problem 2009 für weitestgehend gelöst.

Man bedenke, dass Sumpfwasser (gemeint ist das Primärkühlwasser im Reaktorbecken) im Falle einer Notkühlung auch nicht gerade die erste Wahl ist, üblicherweise wird zunächst Frischwasser eingepumpt. Im Kernkraftwerk Barsebäck, wo diese Situation erstmalig aufgetreten ist, konnte man die Siebverstopfung durch das Umdrehen der Pumpenrichtung umgehend lösen. Selbst, wenn dies nicht gelungen wäre, gibt es aber noch zahlreiche weitere Sicherheitsbarrieren wie passive Kühlung (ohne Pumpen), Speisewasserkühlung und Venting, um nur die wichtigsten zu nennen. Selbst, wenn die Hauptkühlleitung in unglücklicher Weise bricht, würde man den Reaktorkern fluten. Es gibt kaum denkbare Situationen, in denen man ausschließlich auf das Sumpfwasser angewiesen ist.

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2 Antworten zu #103: Filz im Kern

  1. Tyde sagt:

    Kleiner Rechtschreibfehler: Bei Speisewaserkühlung ist wohl ein s verloren gegangen…

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